Sehen und gesehen werden  

Brillen für Bergsportler 

Von Wolfgang Langer und Georg Süßkraut                (Artikel aus "Berliner Bergsteiger", hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des DAV Berlin) 

Gutes Sehen ist in vielen Sportarten, insbesondere auch beim Bergsport und beim Skifahren, eine Grundvoraussetzung. Ob im Freien oder in der Halle: Der Sportler findet unterschiedliche Lichtverhältnisse vor, die das Auge durch Anpassung (Adaptation) ausgleicht. So wie der Skifahrer Mulden und Buckel rechtzeitig erkennen muss, muss der Kletterer Griffe und Tritte sicher erkennen und bewerten sowie Entfernungen und Dimensionen korrekt einschätzen. Auch der Bergwanderer sollte unangestrengt erkennen können, wo er hingeht bzw. hintritt. Wer im Gebirge aufgrund einer Fehlsichtigkeit ständig angestrengt ins Gelände starrt, ermüdet schneller. Eine gute Sicht heißt zudem, die Übersicht zu bewahren und rasch reagieren zu können, Hindernisse zu erkennen und somit Unfälle zu vermeiden.

 Das Tragen der Alltagsbrille reicht beim Sport oft nicht aus. Für Fehlsichtige ist die Korrektion des Sehfehlers zunächst das Wichtigste, modische Aspekte wie ein schickes Aussehen der Fassung spielen ebenfalls eine Rolle. Für Skifahrer z.B., die ihre Alltagsbrille oder Kontaktlinsen nicht unter einer Skibrille tragen möchten, gibt es auch Skibrillen mit Korrektionsgläsern. Für Berg- und Wintersportler hat eine Sportbrille je nach Disziplin und Umgebung folgende Schutzfunktionen:

 – UV-Strahlung (unsichtbar),

Blendung (sichtbare Strahlung), Insekten, Steinschlag, Schmutz- und Staubpartikel

– Einwirkung äußerer Gegenstände bei Stürzen

Umwelteinflüsse (Nebel, Schneefall, Wind, Wasser)

Neben der Schutzfunktion unterstützt die Sportbrille die jeweiligen sportartspezifischen Anforderungen. Verschiedene Tönungen steigern den Kontrast bei der jeweiligen Lichtintensität: Die einzelnen Konturen werden deutlicher wahrgenommen, und die gesamte Umwelt kann besser eingeschätzt werden. Braune und graue Tönungen garantieren genauere Farbwahrnehmung bei gleichzeitigem Blendschutz.

In viele Sportbrillenfassungen können Korrektionsgläser eingesetzt werden, die der Augenoptiker individuell auf den Brillenträger abstimmt. Eine Alternative hierzu sind Kontaktlinsen in Kombination mit einer Sportbrille.

Die Universal-Sportbrille gibt es nicht. Vielmehr existieren für die einzelnen Sportarten unterschiedliche Brillen, die den jeweiligen Anforderungen gerecht werden und die Augen vor bestimmten, sportartspezifischen Risiken schützen. Folgende allgemeine Kriterien sollten bei jedem Sportbrillenkauf beachtet werden:

– Leichte und bruchsichere Brillenfassung

– Aufprallbeständige Kunststoffgläser mit strapazierfähiger und kratzfester Beschichtung

– Helm- und blickfeldgerechtes Fassungsdesign

– Federbügel (Doppelkomfortbügel) mit elastischen, verstellbaren Enden

– Entspiegelte Gläser

– Elastische Bänder zur Verbindung der Bügel

– Gepolsterte Nasenstege

– Ventilationssysteme verbessern den Luftaustausch und regeln die Transpiration

Licht wird von Schneeflächen reflektiert und gelangt von allen Seiten ins Auge. Gläser sollten daher durchgehend getönt sein. Nur ein Tönungsgrad der dritten Kategorie (nach EU-Richtlinie 80 bis 90 Prozent Lichtabsorption) bietet einen ausreichenden UV-Schutz im Gebirge. Auf einem Gletscher sollte der Tönungsgrad sogar der Kategorie vier (über 90 Prozent Lichtabsorption) entsprechen (s. Abb.). Spezielle Blue-Blocker-Gläser, ggf. auch in Kombination mit Polarisation, besitzen eine kontraststeigernde Funktion:


Die Konturen auf der Piste werden besser wahrgenommen. Eine zusätzliche Antifog-Beschichtung verhindert das Beschlagen der Brille, die Sicht bleibt ungetrübt.

 


                                                            Schutzstufen und Tönungsgrade

Die Brillenfassung sollte aus Kunststoff bestehen oder mit Kunststoff überzogen sein. Eine Metallfassung kann bei extremer Kälte zu Erfrierungsstellen auf der Haut führen; bei Unfällen können Metallteile im schlimmsten Fall weitere Verletzungen verursachen. Die Skibrille sollte beim Abfahrtslauf das Gesichtsfeld fest umschließen. Zur Ausrüstung sollte in jedem Fall (mindestens) eine Reservebrille gehören, um bei Verlust nicht ohne Sehhilfe und Blendschutz dazustehen.

Eine Sportschutzbrille für den Skisport sollte folgende Kriterien erfüllen:

  optische Korrektion (falls erforderlich)

  Schutz vor UV-Strahlen

  Schutz vor Wind und Kälte

  Wechselscheiben für verschiedene Lichtverhältnisse

  Blendschutz

  möglichst wenig eingeschränktes Blickfeld

  bequemer Sitz durch formgeprägten Schaumstoff

  Doppelscheiben, die das Beschlagen verhindern

  Anti-Fog-Beschichtung der Gläser

  Material, das bei Kälte elastisch bleibt

Für Touren im Hochgebirge sind eine Sportbrille mit phototropen Kunststoffgläsern  bzw. phototrope Blue-Blockergläser (Brillengläser, die bei Sonnenlicht dunkel werden) und eine Gletscherbrille mit der richtigen optischen Korrektion zu empfehlen. Die Gläser der Gletscherbrille sollten in jedem Fall eine Absorption von mindestens 90 % aufweisen, um blendfrei auf Berge und Gletscher blicken zu können.

Die Brille sollte Sportbügel haben, die der anatomischen Form des Kopfes angepasst werden. Zu empfehlen sind Mehrschichtmaterialien mit rutschhemmenden Einlagen, austauschbar gegen Neoprenband.

Die Fassung sollte aus kälteerprobtem Material bestehen und den Austausch der Gläser erlauben. Standard-Kunststoffgläser bestehen aus CR 39. Bruchsicherer hingegen sind die teureren Gläser aus Polycarbonat. Weitere Anforderungen an Sportbrillen für Bergsportler sind:

  Nasenauflagen anpassbar

  Belüftungssystem bei eng anliegenden Brillen

  keine vom Gesicht abstehenden Teile (Klettern)

Brillenträger können zwischen verglasten Brillen (die Gläser mit Tönung und individueller Glasstärke werden direkt in die Brille eingearbeitet) und Brillen mit Innenclip wählen; bei diesem System werden die optischen Gläser mit einem Clip hinter den getönten Gläsern befestigt. Verschieden getönte Gläser können hierbei leicht gewechselt werden. Wer hin und wieder auch Kontaktlinsen trägt, nimmt das eingeclipte Korrektionsglas einfach heraus. Nachteil des Clip-In ist der möglicherweise zu geringe Abstand zu den Augenwimpern.

Gläser für Sportbrillen sind mit allen Eigenschaften lieferbar, die auch bei Alltagsbrillen Verwendung finden. So gibt es nicht nur Einstärkengläser, sondern auch Korrektionsmöglichkeiten für alterssichtige (presbyope) Sportsfreunde. Gläser mit Nahbereichsunterstützung (Gleitsicht- oder Bifokalgläser) ermöglichen auch den Älteren das Lesen von Karten und Wegbeschreibungen, ohne die zusätzliche Lesebrille aus dem Rucksack zu holen. Diese Gläser lassen sich auch nahezu beliebig mit den unterschiedlichsten Tönungen ausstatten. Hier seien noch einmal die Möglichkeiten aufgezählt: kontraststeigernde Gläser, auch als phototrope Gläser (farbvariable Gläser, Automatikgläser) möglich, Polarisationsgläser (vermindern störende Reflexionen an glatten Flächen und erhöhen somit auch den Kontrast). Und nicht zuletzt seien die „unsichtbaren Vergütungen“ erwähnt. Die Oberflächenhärtung zum besseren Schutz vor Abrieb und die Reflexverminderung, Entspiegelung genannt, welche die Störreflexe am Brillenglas selbst vermindert.  

Eine Besonderheit bei Sportbrillen ist die oft sehr starke Krümmung der Gläser. Werden dort Standartbrillengläser zur Korrektion des Sehfehlers eingearbeitet, führt das zu Abbildungsfehlern.

Es bedarf hierfür nicht nur stärker gekrümmter Korrektionsgläser, diese müssen auch anders berechnet (fehlerkorrigiert) sein. Zur Auswahl der richtigen Gläser müssen daher zuvor die sogenannten Individualparameter (s. Abb. rechts) abgenommen werden:

  Augenabstand (Pupillendistanz)  
  Fassungsscheibenwinkel  (Durchbiegung der Brille)  
  Fassungsneigung (wie schräg die  Brille im Gesicht steht)  
  Abstand Auge - Brillenglas  


                                                                                 Fassungsscheibenwinkel

Anbieter von Sportbrillen sind u.a. Adidas, Alpina, Ahead, Bollé, Cebe, Julbo, North Face, Rodenstock, Rudy Project, Sziols. Anbieter spezieller hier erwähnter Gläser sind u.a. Rodenstock, Rupp+Hubrach, C. Zeiss. (Beispiele. s. Abb.)

 

                                                                                                           Sportbrille für Bergsport

Zum Autor: Wolfgang Langer ist Optikermeister und arbeitet bei Damm Brillen, Uhlandstr. 126, 10717 Berlin.

  

                                                                                                                                               Skibrille